Ein erfolgreicher Unternehmer – gezwungenermaßen

Was ist das Geheimnis einer nachhaltigen Entwicklung? Welche Geschäftsstrategien und Lebensphilosophie haben unserer Firma dazu verholfen, über 25 Jahre erfolgreich zu agieren? Was war erforderlich, damit der Name Losonczi seit Jahrzehnten ein Synonym für zuverlässige und qualitativ hochwertige Produkte ist?
Anlässlich der Einweihung unserer neuen Betriebshalle im Jahre 2014 führte die Zeitschrift Logisztikai Híradó ein persönlich gestimmtes Interview mit dem Gründer unserer Firma, István Losonczi, das Sie nachfolgend lesen können:

Er war gerne Angestellter und immer Ingenieur, trotzdem hat er innerhalb von knapp zwei Jahrzehnten eines der erfolgreichsten Unternehmen im Komitat Békés geschaffen: István Losonczi, Gründer und Leiter der Losonczi Kft. Sein Geheimnis ist vielleicht, das er das tut, was er gerne macht, Geld für ihn nicht im Vordergrund steht und er einen Arbeitsplatz schaffen wollte, an den man gerne geht.

Der Weg zur Fertigung eines guten Werkzeugs führt über viele misslungene Werkzeuge – gesteht István Losonczi. Sein Glück ist, dass er bei der Gründung eines eigenen Unternehmens die Phase misslungener Werkzeuge bereits hinter sich hatte. Er lernte aus seinen früheren Irrtümern und hat unter seinen Kunden nun solche Riesen wie Audi Hungaria, das Kernkraftwerk Paks oder GE Hungary. Betrachtet man den bisherigen Lebensweg der Losonczi Kft. – und seines Gründers –, erscheint alles sehr mühelos. Wie hinter jedem Erfolg, der so selbstverständlich erscheinen mag, stecken jedoch auch hinter dieser Geschichte äußerst harte Arbeit und eine Reihe kluger Entscheidungen.

Misslungene Privatisierung

István Losonczi, ein studierter Maschinenbauingenieur, begann im Jahre 1981 in Békéscsaba bei einem Werkzeugbauunternehmen zu arbeiten. (Davor war er bereits drei Jahre beim Bau des Kernkraftwerks Paks tätig.) Sein ständiger Drang nach Erneuerung führte ihn in die Entwicklungsabteilung, wo er dann einige Jahre später zum Leiter ernannt wurde. Wie er erzählt, konnte er den Beruf der Fertigung von Zerspanungswerkzeugen erlernen und hat sich von der Leidenschaft der Herstellung spanabhebender Spezialwerkzeuge dermaßen infizieren lassen, dass er sich davon auch seitdem nicht erholte.

Hier erlebte er auch die Wende, die die Privatisierung und einen italienischen Eigentümer ins Leben der Firma brachte. István Losonczi blieb beim Unternehmen, und dachte nicht einmal daran, ein eigenes Unternehmen zu starten. „Ich war immer gerne Angestellter und wollte kein Unternehmer werden“, sagt er. Es war die Notwendigkeit, die ihn schließlich doch zwang, sein Leben auf eine ganz andere Bahn zu setzen. Die bei der Privatisierung noch gut prosperierende Firma mit 300 Beschäftigten und guten Gegebenheiten verlor nach und nach ihre Märkte und besten Mitarbeiter. István Losonczi zufolge war das größte Problem, dass der Eigentümer den Gewinn sofort aus der Firma herausgenommen und nur sehr wenig wieder in Entwicklungen investiert hatte – das war eine Lektion für ihn, die er seitdem nicht vergessen hat.
Auch persönlich fühlte er sich immer schlechter, ertrug die schlechte Atmosphäre nicht, und dass er für Fehler zur Verantwortung gezogen wurde, auf die er keinen Einfluss hatte. „Ich spürte, dass ich das nicht weiter machen darf, da ich jeden Morgen mit Magenkrampf zur Arbeit ging. Im Nachhinein danke ich dem Schicksal, dass es so gelaufen ist, denn wenn die Situation nicht so unerträglich ist, arbeite ich vielleicht immer noch dort.“ Sein eigenes Beispiel bestätigt den alten Spruch: In allem Schlechten steckt auch etwas Gutes.

Auf eigenen Beinen

Ein Stellenangebot in Budapest erschien optimal: Eine Handelsfirma suchte einen technischen Berater mit Erfahrung in der Zerspanung. Es stellte sich jedoch bald heraus, dass man ihn lediglich als Unternehmer beschäftigen wollte, und dass die Tätigkeit eines Handelsreisenden nicht für ihn bestimmt war. So machte er sich 1995 selbstständig und gründete mit seiner Frau die Losonczi Kft., wobei er in den ersten Jahren der einzige Angestellte der Firma war.

Anfangs beschäftigte sich die Firma ebenfalls mit Werkzeughandel, aber für István Losonczi erschien dies schon immer als eine Zwangstätigkeit im Vergleich zur Konstruktion und Herstellung von Werkzeugen – besonders individueller Werkzeuge. Daher begann er wieder mit der Konstruktion von Werkzeugen, die er versuchte, in anderen Werkstätten herstellen zu lassen. Das gestaltete sich jedoch immer sehr zähflüssig, und führte ihn zur endgültigen Entscheidung, das Firmenprofil zu erweitern und eine eigene Produktionskapazität auszubauen.

Mangels ausreichenden Kapitals nahem er einen START-Kredit auf: Die damals riesig erscheinende Summe von 12 Millionen Forint (zuzüglich eigener Ersparnisse) reichte gerade für eine Minimalversion der entsprechenden Konstruktionssoftware und eine auf fünfachsig umgebaute, gebrauchte Fräsmaschine. Daraus ist bis heute ein Unternehmen erwachsen, das in seiner eigenen 1350 Quadratmeter großen Produktionshalle nach europäischem Standard 27 Mitarbeiter beschäftigt, und im März eine Studer-CNC-Schleifmaschine im Wert von 120 Millionen Forint in Betrieb nahm.

Die Losonczi Kft. auf einen Blick

Der Umsatz der Firma im Jahre 2012 belief sich auf 360 Millionen Forint, mit einem Ergebnis von 44 Millionen Forint. Im vergangenen Jahr haben sich die Einnahmen wegen des Baus der Halle und des Umzugs der Maschinen geringfügig verringert, aber für dieses Jahr rechnet das Unternehmen mit einem höheren Umsatz gegenüber 2012. Beim Unternehmen werden aktuell 27 Mitarbeiter beschäftigt, durch die jetzige Erweiterung wurden sechs neue Arbeitsplätze geschaffen.
Unter unseren Kunden finden sich alle wichtigen Akteure der Branche. Einige Beispiele ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Knorr-Bremse Bremssysteme, Rába Futómű Kft.

Gewonnene Ausschreibungen

In den letzten vier Jahren gewann die Losonczi Kft. sechs Ausschreibungen der Europäischen Union in verschiedenen Programmen (TÁMOP, GOP, DAOP), von denen fünf bereits abgeschlossen sind. Die größte ist der kürzlich fertiggestellte Hallenbau: Zur Investition von nahezu 300 Millionen Forint wurde eine nicht zurückzuzahlende Subventionierung von knapp 100 Millionen Forint gewährt.
István Losonczi schreibt die Erfolge eindeutig dem Partner zu, der die Bewerbungen schreibt. Wie er sagt, würden ihm alle administrativen Lasten von der Schulter genommen, er müsse sich ausschließlich mit der Verwirklichung, dem technischen Inhalt und der Unterzeichnung beschäftigen. Dafür zahle er gerne die vereinbarte Erfolgsprämie. „Ich rechne nicht so, dass ich 6,5 Millionen von 100 Millionen Forint nicht erhalte, sondern dass ich 93,5 Millionen Forint gewonnen habe“, interpretiert er den kleinen, aber wesentlichen Unterschied.

– Warum haben Sie sich gerade für die Herstellung individueller Werkzeuge entschieden?

Damit befasste ich mich bereits vor der Wende. Wirklich gute individuelle Werkzeuge können nur wenige Leute fertigen, da hierfür Spezialkenntnisse und Erfahrung erforderlich sind. Mit ausreichend Geld kann jeder eine Fräsmaschine und eine Konstruktionssoftware kaufen. Das Erfinden eines besonderen Werkzeugs ist vielmehr eine Art Kunst: Welche Gestalt soll es annehmen, wie wird die Wendeschneidplatte eingesetzt, welche Kantenwinkel sind für das optimale Zerspanen anzuwenden? Hierin liegt meine Kompetenz. Das halte ich für spannend, und das wird ja auf dem Markt auch besser bezahlt. Mit einem individuellen Werkzeug kann ein Bauteil beispielsweise statt in zehn auch in sechs Minuten gefertigt werden, und statt zwei Werkzeugen wird nur eines gebraucht. Denken wir nur daran, welche Einsparungen das für einen Autoproduzenten bedeutet, wo eine halbe Million gleiche Bauteile herzustellen sind.

– Wie kann ein ungarischer Kleinunternehmen auf diesem Markt mithalten?

Die Mehrheit unserer Kunden sind große westliche Werkzeugbauer, die in irgendeiner Form schon in Ungarn präsent sind. Auch sie haben Abteilungen für Spezialwerkzeuge, die aber oft überlastet sind, eine eingehende Bestellung kann gegebenenfalls nur in zwei bis drei Monaten erfüllt werden. In diesen Fällen wenden sie sich an uns, ob wir das machen könnten – und wir liefern in fünf bis sechs Wochen. Es ist nicht der wichtigste Faktor, dass wir günstig sind, Hauptsache, wir sind schnell. Und selbstverständlich muss auch die Qualität so sein, dass man nicht unterscheiden kann, ob ein Werkzeug in der Schweiz oder in Ungarn hergestellt wurde.

– Wie konnte das Vertrauen dieser ausländischen Firmen gewonnen werden?

Es war nicht leicht, wir mussten sie mehr als einmal überzeugen, dass wir Qualität produzieren können. Mein Netzwerk hat dabei viel geholfen, ich hatte ziemlich viele Bekannte bei den verschiedenen Firmen, aber dies hätte nichts bedeutet, wenn wir keine guten Werkzeuge gefertigt hätten. Sobald unser Name jedoch einmal Bekanntheit erlangt hat, besteht auch das Vertrauen, und die Besteller erinnern sich leichter an uns. Es sagt viel darüber aus, dass, während im Branchendurchschnitt aus 20 bis 30 Prozent der Angebote ein Geschäft entsteht, dieser Anteil bei uns bei über 50 Prozent liegt, obwohl wir nicht als günstig gelten. Am Anfang hat uns sehr geholfen, dass wir im Jahre 2000 mit INA einen Vertrag geschlossen haben, der unsere Kapazität für drei Jahre ausfüllte – dadurch konnten wir auf einmal fünf Werkzeugmaschinen kaufen.

„…ich entnehme dem Gewinn nur das allernötigste Geld, alles andere
fließt zurück in die Entwicklung“

– Gibt es keine technischen Hindernisse bei der Erfüllung der Bestellungen, können Sie immer jeden Bedarf befriedigen?
Heute sieht es viel besser aus, als in den Zeiten nach unserem Start, obwohl wir auch jetzt nicht so viel Geld haben, dass wir immer die besten und neuesten Programme und Werkzeuge kaufen können. Aber das bedeutet bei Weitem keinen so großen Nachteil, wie ein Laie denken würde. Bei individuellen Werkzeugen zählt weniger die Technik als vielmehr das menschliche Wissen, und hier sind wir wirklich gut. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass unsere Mitarbeiter sogar besser ausgebildet sind als die Kollegen im Westen, die Fluktuation ist zugleich sehr niedrig.
Und wenn wir zur Bearbeitung eine Werkzeugmaschine bräuchten, die bei uns nicht ausgelastet wäre, hätten wir inzwischen einen Kreis an Partnern, dem wir die eine oder andere besondere Arbeitsphase anvertrauen können.

– Sie sind bis ins Mark ein Ingenieur, man könnte sagen, Sie wurden gezwungenermaßen zum Unternehmer. Nach welchen Geschäftsprinzipien, mit welcher Strategie leiten Sie Ihre Firma?

Ich habe von den Fehlern gelernt, die der italienische Eigentümer meiner früheren Firma begangen hat. Eine wichtige Sache ist, dass ich dem erwirtschafteten Gewinn nur das allernötigste Geld entnehme, alles andere fließt zurück in die Entwicklung. Ich lebe heute noch in der Wohnung, die wir 1986 gebaut haben, ich habe kein Wochenendhaus, keinen Sport- oder Geländewagen.
Mein anderes wesentliches Grundprinzip ist, dass ich die ökonomischen Fragen nicht allzu sehr mystifiziere: Ich versuche, auch das Geschäft mit der Rationalität eines Ingenieurs zu betreiben. Ich kalkuliere immer, wie groß die Einnahmen und der Gewinn sind und was ich davon wieder anlegen kann. Sicherlich hätte man sich schneller entwickeln, mit Krediten Maschinen kaufen und bauen können, aber ich möchte mich nur so lange strecken, wie meine Decke reicht. Bei jedem Unterfangen möchte ich gleich auch das Ende sehen, ich möchte nicht so eine Halle bauen, dass mein Geld auf halber Strecke ausgeht. Ich bin auch stolz, dass ich meine Rechnungen fristgerecht zahle, was bei ungarischen Unternehmern nicht unbedingt typisch ist.
Und es gibt noch ein Element in unserem Geschäftsmodell: auf mehreren Beinen stehen. Nachdem die Herstellung individueller Werkzeuge angelaufen war, haben wir uns auf neue Felder vorgewagt. Das erste von diesen war die Konstruktion und Fertigung spezieller Werkzeuge für die Einspannung von Werkstücken. Im Jahre 2005 haben wir mit der Fertigung spezieller Messgeräte für Lieferanten der Automobilindustrie begonnen, die alle gewünschten Maße der Bauteile innerhalb von Minuten prüfen und im Computer erfassen konnten. Die drei Tätigkeitsbereiche ergänzen sich gut, und wenn die Nachfrage in einem Bereich nachlässt, haben wir gute Chancen, die fehlenden Einnahmen durch die anderen beiden Bereiche zu ersetzen. Auch dem verdanken wir zum Teil, dass wir die Krise relativ gut überwinden konnten, nur im Jahr 2009 hatten wir etwas Verlust.

 

– Sie waren im Jahr 2004 bereits Unternehmer des Jahres. Halten sie dies für die größte Anerkennung?Ich würde nicht sagen, dass dies kein gutes Gefühl war, denn zuvor hatte ich noch keine Auszeichnung oder Anerkennung erhalten, und es bekräftigte mich, dass auch andere denken, dass ich das, was ich mache, gut mache. Aber ich halte es für eine noch größere Anerkennung, dass ich in 18 Jahren nur einen Mitarbeiter entlassen musste, da der Erfolg unserer Firma unseren Beschäftigten genauso am Herzen liegt wie mir. Es ist bezeichnend, dass viele von ihnen die jetzt übergebene Halle stolz ihren Ehegatten oder Kindern zeigen; sie sind stolz, hier arbeiten zu können. Jeder trägt so gut wie möglich sein eigenes Wissen zur gemeinsamen Arbeit bei, niemand muss gedrängt zu werden. Es ist gelungen, eine Firma mit guter Atmosphäre zu gestalten, in welcher ich früher als Angestellter immer gerne gearbeitet hätte.

Attila Schopp

Logisztikai Híradó 2014/2